28. Februar 2013

Marokko: der Krötenfisch und die Kultur

Moullay-Bousselham. Es seicht. Ich bleibe erst einmal bis halb neun liegen, vielleicht scheint dann die Sonne? Tut sie nicht! Also setze ich mich halt unter das Vordach und schaue dem Regen zu.

Als er kurz mal pausiert, schlendere ich ins Campingcafé und stecke meinen Compi an den Strom. Gegen Mittag treibt mich der Hunger wieder in den Regen hinaus. Als ich bei unserem Mowag ankomme, ist grad der Fischmann da. Er hat eine Kiste voll frischer Fische dabei. Wir kaufen einige silbrige und einen, der aussieht wie ein weiche Kröte. Der soll ganz besonders gut schmecken, sagt der Fischmann.

Eine Schafherde zieht über den Platz. Die vielen Schafbeine im Gras hören sich wie Regentropfen an. Der Nachbarhund heisst „Timmy“ und interessiert sich auch für Schafe. Wir schauen ihnen lange zu. Timmy interessiert sich auch für unsere Fischköpfe. Er darf sie aber nicht fressen, weil er deswegen kotze. Das jedenfalls behauptet sein Führer. Timmy frisst dann trotzdem einen unserer Fischköpfe – mal schauen …

Dann essen wir die kopflosen Fische, ausser dem Krötenfisch, den soll es zum Znacht geben. Ich besorge mir stattdessen Pommes-Frites. Und dann sitzen wir wieder unter dem Vordach und schauen dem Regen zu. Timmy kotz trotz der gefressenen Fischköpfe nicht. Jedenfalls nicht bei uns!
Dann drückt doch noch die Sonne durch die Wolken. Ich schlendere mit meinem Kulturbeutel zum „Sanitärgebäude“, da locken warme Duschen. Ich kulture mich gründlich und ausgiebig.

Der Sonnenuntergang ist dann doch noch ganz passabel. Vielleicht ist es morgen ja wieder sonnig?

27. Februar 2013

Marokko: bei der Kehricht-Kuh links

Es ist mausgrau und bewölkt, und für die nächsten Tage droht das Fernsehen mit Regenwetter. Wir fahren trotzdem nach Norden. Immer der Küste entlang, grasgrüne Felder und Bananen-Plantagen unter Plastik. Schön ist das nicht unbedingt. Gegen Mittag kommen wir in solch ein typisches Strassendorf. Auf den Telefonstangen nesten die Störche und in den Gassen ist Markt.

Hier auf dem Land sind noch die schönen alten Ford-Lastwagen unterwegs. Heute transportieren sie Esel und/oder Eselmist – in die gleiche Richtung! Raja wird von den Garküchen am Strassenrand magisch angezogen. In einem Speiselokal mit einem üppig-lila Ambiente essen wir Tajine und Grill-Schaf. Wobei - ich mag heute kein Schaf.

Die Landschaft ändert sich kaum, bloss unsere Strasse wird immer runzliger. Die Idee mit der Landstrasse war vielleicht doch keine so gute. Hätten wir doch die Autobahn nehmen sollen? So hoppeln wir halt in Schrittgeschwindigkeit über die Schlaglöcher. Velos und Traktoren überholen uns - schlimm sowas.

Irgendwann am Nachmittag erreichen wir doch noch das angepeilte Moullay-Bousselham. Gleich gegenüber einer müllfressenden Kuh geht’s links hinunter zum Strand. Zum Znacht kocht Ü. Spaghetti an Paprikasauce. Die ist dermassen scharf, dass uns die Tränen kommen. Und dann beginnt es auch noch zu regnen. Ein trüber Tag geht zu Ende.

26. Februar 2013

Marokko: himmelhoch und das Gegenteil

Es ist wolkig und manchmal leuchte die Sonne durch, aber für die nächsten Tage droht das Fernsehen mit schlechtem Wetter. Wir müssen trotzdem nach Norden. Immer der Küste entlang. Grasgrüne Felder und Bananen-Plantagen unter Plastik.

Irgendwo unterwegs machen wir Mittagsrast bei einer Schaf-Braterei. Raja bestellt ein Kilo Fleisch vom Grill, ohne Beilagen für sich. Wegen ihm soll kein Gemüse leiden müssen!

Ich nutze die Gelegenheit und besuche eine Baustelle nebenan. Die Geschossdecke im fünften Stock wurde kürzlich betoniert; und es soll noch höher hinauf gehen. Die Betonschalung ist – öööhm – speziell. Aus alten Brettern zusammengenagelt und mit ein paar Latten abgestützt. Mich erstaunt, dass es hält.
Jedenfalls sehe ich hier den eindeutigen Beweis, dass das genaue Gegenteil von alldem was man bei uns lernt, auch geht!

Wir übernachten in Mohamedia auf einem Campingplatz direkt am Atlantik. Ich lerne; warmes Wasser zum Duschen wird oft überschätzt. Es geht auch ohne.

25. Februar 2013

Marokko: was ist Mowag – und wozu?

Dem Raja sein Mowag ist schon ein alter Knabe; 57 Jahre und 2,5 Millionen Kilometer hat er bereits auf dem Buckel. Bevor ihn Raja vor 35 Jahren in die Finger bekam, diente er der Post als Päckli-Lastwagen. Er war langsam und ein hemmungsloser Säufer.

Raja renovierte den Mowag und verpasste ihm eine komplett neue Antriebstechnik. Die Achsen stammen von einer Mowag-Panzerattrappe aus den 1940-er Jahren, aber zusätzlich mit Sperrdifferenzialen ergänzt. Um die Achsen montieren zu können, musste er das ganze Chassis verbreitern und anpassen. Das Getriebe ist von Mercedes, von einem Düdo 608. Der Motor ist ein fabrikneuer Perkins 4-Zylinder Diesel mit 4,2 Liter Hubraum und ohne Turbo. Die Bereifung ist von einem Mowag Piranha Schützenpanzer, 11.00R16.
Das Konstrukt hat in seinem zweiten Leben nun bereits unzählige Reisen durch die Sahara gemacht. Und es ist jedesmal unbeschadet zurückgekehrt.

24. Februar 2013

Marokko: kommt gleich


Hier kommt demnächst der nächste Reisebericht aus Marokko ...

bald.
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23. Februar 2013

Marokko: Monsieur Muger fährt Bahn

Der Bahnhof von Marrakesch ist prächtig und nagelneu. Mein Zug fährt Punkt neun und ab Gleis 5. Eigenartigerweise fahren alle Züge ab Gleis 5, obwohl es deutlich mehr davon gibt. Ich stoffwechsle noch kurz bei McDonalds. Und dann steige ich ein.

Mein reservierter Platz findet sich in einem recht modernen Seitenabteilwagen; die mag ich gar nicht. Wie dem auch sei, der Zug fährt pünktlich los. Richtung Casablanca. Zunächst Vorstadt, dann flache Landschaft.

Ich setze mich in den 1. Klasse-Wagen am Schwanz des Zuges. Ein wunderbarer Grossraumwagen, fast leer und mit Blick nach hinten. Und dann kommt auch noch der Mann mit dem Fress-Wägeli. Kaffee, Hühner-Eingeklemmtes und eine Flasche Wasser für vier Franken, genau so mag ich zugfahren.


Die Fahrt in der 1. Classe ist sehr bequem. Die Wagen sind relativ neu und ganz ordentlich. Nach 2:14 Stunden und auf die Minute pünktlich erreichen wir Settat. Hier steige ich aus. Nicht wegen der hübschen(?) Stadt, sondern weil mich Raja hier abholen kommt. Aber der ist frühestens um Zwei hier. Also setze ich mich ins Bahnhof-Café und gebe mich den Genüssen hin.

Meine Schätzung mit „frühestens um Zwei“ entpuppt sich dann als unzutreffend. Bereits um Viertel vor Eins stehen die beiden Mowag vor dem Bahnhof. Ich hupfe hinein und wir fahren zum Übernachten ans Meer.

22. Februar 2013

Marokko: der Souk von Marrakesch

Auf kaum etwas habe ich mich so gefreut, wie auf Marrakesch. Wir fahren gegen Mittag zum Djemaa el Fna, dem grossen Platz mit den unzähligen Fressständen. Schon jetzt herrscht emsiges Gewusel, obwohl die meisten Stände erst gegen Abend öffnen.
Wir schlendern durch den Souk. Hier wird alles angeboten; vom Zähne ziehen bis zur Mofa Reparatur. Teppichhändler und Gaukler. Schlangenbeschwörer und Saftpresser.

Gleich zu Beginn des Souks treffen wir auf ein Restaurant; und jetzt, wo wir schon mal hier sind, futtere ich halt Schaf-Spiessli und Salat.

Etwas weiter sehe ich einen Mann mit einer neckischen Mütze, der Eis feilhält. Also versuche ich Feigen- und Datteleis.

Ich schlendere durch den Souk. Irgendwo gibt es „Merguez“, diese gebratene Schaffleisch-Würstli. Die Merguez schmecken tadellos, obwohl mir deren Inhalt rätselhaft bleibt.

Ich schlendere durch den Souk und probiere noch so eine Kokos-Schoko-Kugel. Sie sieht schlimm aus, schmeckt aber ganz gut. Was kann man von sowas mehr erwarten?

Gegen Abend versuche ich noch ein „Pastilla“. Das ist ein Blätterteig-Küchlein mit einer Füllung aus Taubenfleisch. Obendrauf würd üppig Puderzucker und Zimt gestreut. Diese etwas abenteuerliche Kombination schmeckt aber herrlich. Knusprig-süss-fleischig.

Der Souk hat mir sehr gut gefallen. Gemütlich, bunt, lärmig und sehr angenehme Leute. Da komme ich bestimmt wieder einmal hin.

21. Februar 2013

Marokko: wo ein Weg ist, ist ein Mowag

Es geht hoch hinauf auf den Tizi-N-Test Pass. Weit ist es aber nicht, nach knapp vierzig Kilometer und drei Teepausen sind wir oben. Auf 2‘100 Meter über Meer, über uns nur noch der blaue Himmel.

Diesen Winter war der Pass komplett schneefrei, das kann aber auch ganz anders sein! Jedenfalls verleiht der Wirt vom Restaurant Ski. Wir nehmen stattdessen eine sportliche Omelette und Salat.

Die Nordseite vom Tizi-N-Test Pass ist mit 150 Kilometer deutlich länger. Und landschaftlich spektakulär. Rote Felswände, wasserlose Bäche und Zedernwald.

Das „Hotel Restaurant Alpina“ in Idni hat seine goldenen Zeiten schon länger hinter sich. Einst wurde es von einem Zürcher für die Bergsteiger erbaut. Später übernahmen es ein Franzose und dann der Verfall.

Stundenlang reifeln wir talauswärts. Wilde Landschaften und ursprüngliche Häuser. Das Tal scheint kein Ende zu nehmen. Dach dann fahren wir in die Ebene hinaus und vor uns ist Marrakesch. Eine überraschend moderne Stadt mit McDonalds und abendlichem Stossverkehr. Wir werden von zahlreichen Passanten fotografiert. Was ist auch los, haben die Leute hier noch nie einen Mowag gesehen? Oder ist es meine abenteuerliche Mähne?

20. Februar 2013

Marokko: schön langweilig und ein Sechser

Wie ich vermutet habe, kommt schon früh am Morgen die gleichnamige Sonne. Zudem ist es erstaunlich mild, so dass ich barfuss frühstücken kann. Ich esse altes Brot und dazu Ziegenkäse von zuhause. Es ist wie im Paradies - irgendwie.


Gegen Mittag sind wir über den Berg und kommen in das fruchtbare Souss-Tal. Plötzlich ist es wieder grasgrün und von Schafen bevölkert. Um Taliouine wird seit jeher Safran angebaut, was wiederum unsere Mitreisendinnen magisch anzieht. Also gehen wir in die Safran-Kooperative Safran kaufen. Zuerst müssen wir uns einen Film über Safran anschauen und dann an allerhand Döschen und Tütchen schnuppern. Wer dann immer noch keinen Safran kaufen will, darf Honig und Arganöl probieren.

Anschliessend geniessen wir Tajine und ich Linsenbrei, der wesentlich besser schmeckt als er ausschaut. Dann fahren wir weiter. Talauswärts. Die Gegend ist flach und eigentlich auch langweilig. Aber genau das mag ich so sehr.

In jeder grösseren Ortschaft hängt ein riesiges Bild vom marokkanischen König, dem Mohamed 6. Die meisten afrikanischen Staatsoberhäupter sind ja irr, unnütz oder verhaltensoriginell. Oder eine Kombination davon. Der Mohamed6 scheint da spürbar vernünftiger zu sein. Im ganzen Land sieht man die grossen Anstrengungen, Marokko zu modernisieren. Überall nigelnagelneue Kehrichtwagen, Stromleitungen und Schulhäuser. Geflickte Strassen und fast flächendeckend Telefonempfang. Der Mohamed6 scheint fast so etwas wie ein Sechser im Lotto zu sein.

Wir übernachten zwischen einigen Arganbäumen. Zum Znacht grilliert Raja wunderbare Schaffrippli. Es ist ein lauer Abend und ich habe Nasenbluten. Morgen wollen wir über den Tiz-N-Test nach Marrakesch fahren. Ich freue mich auf die Stadt – und auf eine warme Dusche; ob nötig oder nicht ...

19. Februar 2013

Marokko: entbeinte Kühe und die Erotik

Tafraoute. Heute ist Wochenmarkt. Als wir ankommen sind alle andern schon da. Emsiges Treiben. Um den Honighändler schwirren die Bienen und der Metzger hat zweimal vier Kuhbeine vor den Laden drapiert.

Ich kaufe genau das gleiche Tajinegewürz, das ich gestern in einer Strassenküche gesehen habe. Laut dem Etikette besteht es aus fast 100% Chemie und der Rest ist künstlicher Farbstoff.

Nach vier Nächten in und um Tafraoute ist nun Zeit zur Weiterfahrt. Wir mowagen auf der kleinen Landstrasse nach Igherm; und weiter. Die Hügel sind karg und manchmal richtig hohe Berge. Gelegentlich sehen wir Schafe, ab und zu mal ein Dorf. Sonst ist nicht viel; und es ist nicht mehr so kalt und wunderschön.

Wir übernachten in einem kleinen trockenen Flusstal. Die Abendsonne versteckt sich frühzeitig hinter einem Berg. Dafür werden wir dann Morgen früh Morgensonne haben.

So – und nun erzähle ich euch mal, wie es im Mowag innen ausschaut. Unser Motorhome ist dreigeteilt: Ganz vorne sitzt rechts der Kapitän Raja. Ich sitze links und der Motor zwischen uns hat die Grösse eines mittleren Kühlschrankes und macht donnernde Geräusche.
Im mittleren Bereich befinden sich das Entree und ein grosser Schrank mit allem drin, was man so braucht. Der grösste Raum in unserem Caravan befindet sich im Heckbereich. Da wo einst die Postsäcke lagen, befinden sich nun die Küche und die Bett-Tisch-Sitz-Kombination. Wir benutzen aber nur die Bett-Funktion; ich rechts, Raja links, dazwischen ist Abstand.
Über unserem Bett hat es zwei kleine Lämpchen mit romantischen Schirmchen. Als ich Raja fragte, wo der Lichtschalter dafür sei, sagte er: «nix da, das ist das Vögler-Licht».
Ja - in dem Fall lasse ich wohl besser die Finger davon.