5. Oktober 2014

Marokko: elektrische Palme

Die meisten Leute beachten sie gar nicht, diese etwas steife Palme mitten im Stadtpark.

Diese geheimnissvolle Palme ist aus Beton und Blech - und ist eine Handy-Antenne.

4. Oktober 2014

Marokko: Achterbahn in die Einsamkeit

Die Nacht war unruhig. Wobei – ich habe geschlafen. Aber Frau G. berichtet nicht nur vom Strassenlärm und Hundegekläffe, sondern auch davon, dass die halbe Nacht Haschisch-Händlern um uns herum schlichen. Und sie kein Auga habe zu tun können. Wie dem auch sei; nach einer heissen Dusche und einem heissen Kaffee verlassen wir zeitig unseren Schlafplatz.
Nach dem Bergpass geht die Strasse nicht etwa bergab, sondern der Krete entlang. Immer so auf 1‘600 Meter Höhe. Zedernwälder und Millionen von Kurven. Vereinzelt stehen noch Haschisch-Winker am Strassenrand, aber das Ärgste scheint vorüber zu sein.

Gegen Mittag erreichen wir Ain-Aisha. Die Berge und die Wälder sind nun hinter uns. Die Hügel sind jetzt sonnenverbrannt und gelbbraun wie Omeletten. Wir fahren auf einer kleinen Nebenstrasse quer hinüber in Richtung Taza. Obwohl unsere Strasse auf der Landkarte bloss ein dünner grauer Strich ist, ist sie doch asphaltiert. Zumindest mehrheitlich.

Kaum Häuser und so gut wie kein Verkehr. An einer Weggabelung setzen wir uns in ein Strassenlokal und geniessen den kühlen Schatten und den süssen Tee. Die Dorfstrasse ist wie ausgestorben, wohl grad Siesta.

Ich dachte die Hügel würden nun flacher, aber das Gegenteil ist der Fall. Es geht hinauf und hinab und hinauf. Wie auf einer Achterbahn. Dann aufs Mal eine ruppige Geröllpiste steil hinunter und über ein Bachbett ans andere Ufer. Nach wenigen Kilometern noch einmal ein Flusstal. Wieder eine lange steinige Abfahrt und dann einige hundert Meter übers Geröll ans andere Ufer.

Die Gegend ist so schön, dass wir beschliessen gleich hier zu übernachten (N34.4337, W4.4345). Im Schatten unseres Möbelwagens lässt sich gut lesen. Ein lauer Wind und manchmal etwas Vogelgezwitscher. In der Ferne schreit ein Esel. Sonst nichts. Schön hier.

Wie aus dem Nichts taucht ein Mann auf und schenkt uns Granatäpfel Trauben und Erdnüsse. Er hat ganz in der Nähe einen Garten, den wir erst sehen, als er uns zeigt wo. Wir dachten es sei ein Gestrüpp.

Es war schon lange dunkel, als die Polizei vorfuhr. Ein rundlicher Beamter sorgte sich um unsere Sicherheit hier draussen in der Wildnis. Deshalb notierte er alle Angaben aus unseren Pässen, ergänzte sie mit den Namen unserer Eltern und Grosseltern und einigen weiteren markanten Vorkommnisse unseres Daseins. Dann versprach er, er garantiere persönlich für unsere Sicherheit und verschwand dann munter winkend in der Dunkelheit.

3. Oktober 2014

Marokko: über die Haschisch-Berge

Über uns ein Regenbogen, welch eine nette Begrüssung. Hinter dem nächsten Hügel liegt Ceuta, eine der spanischen Enklaven in Marokko. Eine imposante Mauer hält die afrikanischen Flüchtlinge auf Distanz.
Wir fahren dem Meer entlang nach Martil und weiter bis nach Tetouane. Hier kaufen wir im „Marjane“-Einkaufsparadies Proviant ein. Und für jeden unserer Computer einen Internet-Stick. Die Strasse schlängelt sich durch die Hügel. Zedernwälder und kleine Dörfer.

Irgendwann erreichen wir Chefchaouen, das für seine blauen Häuser bekannt ist. Das Städtchen ist wesentlich grösser, als ich dachte. Und sehr hügelig und betriebsam.

Winklige Gassen, mal steil bergan, dann wieder treppab, gesäumt von Krämerläden. Alle Hauswände sind blau angemalt, in den Innenhöfen auch der Boden. Wir schlendern durch himmelblaue Gassen und schauen die feilgebotenen Waren an. Hochzeitkleider, Fladenbrote, geschnitzte Kommoden.

Am Hauptplatz gibt es einige Strassenkaffees. Wir setzen uns in den Schatten eines Baumes und bestellen ein Kefta-Brot und eine Limonade. Die Leute sind sehr freundlich. Uns gefällt es hier.

Gegen Abend fahren wir auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz etwas weiter. Da und dort winken Männer am Strassenrand und rufen «Haschisch». In den Rif-Bergen nichts Besonderes, man liest ja immer davon.
Wir finden bald einen recht schönen Übernachtungsplatz abseits der Strasse. Etwas später kommt ein Anwohner vorbei und erzählt uns, dies sei jede Nacht der Besäufnis-Platz der lokalen Jungmänner. Wir sollen uns doch lieber irgendwo im Dorf hinstellen.

Also fahren wir weiter. Immer mehr Haschisch-Männer winken uns zu. Und dann überholen uns auch Autos und die Beifahrer preisen ihre faustgrossen Haschisch-Knollen an. Andere fahren hinter uns her und lichthupen wie blöd. Als wir dann einen Konvoi von drei Haschisch-Autos anführen, wird es mir zu bunt. Ich halte an und bespreche die Sache mit den Händlern. Einer kapierte es nicht – und ich fotografiere ihn. Nun wird der fuchsteufelswild und schimpft wie ein Barbar. Wir fahren weiter und halten erst wieder bei einem Kaffee auf einem Bergpass an.
Kaum sitzen wir, steht unser Kifferfreund auch schon neben uns. Er wirkt eher etwas unzufrieden. Wir einigen uns dann darauf, dass ich das Foto von ihm lösche und er uns dafür jetzt in Ruhe lässt. Er ist seeehr erleichtert. Und ich bin froh, dass er in der Nacht nicht unser Auto vandalisiert.
Als wir unser Milchkaffee leer haben, ist es bereits stockfinster. Neben unserem Möbelwagen enttäusche ich noch gschwind einen letzten Haschisch-Fachhändler. Feierabend für heute.

Übrigens: Wer schon heute wissen will was morgen ist, kann bei Frau G. lesen, denn sie schreibt schneller und ist mir einen Tage voraus ...

2. Oktober 2014

Marokko: Afrika in Sicht

Morgenwolken statt Morgensonne. Unser Schiff pflügt mit 40 km/h durchs Mittelmeer, eine weisse Schaumspur und eine braune Rauchwolke hinter sich herziehend. Der Fahrtwind ist lauwarm und zerzaust mir mein Resthaar.

Unsere afrikanischen Mitreisenden sind ausserordentlich angenehm. Immer sehr höflich und hilfsbereit. Direkt vor unserer Kabine campiert eine ganze Familie auf dem Teppich. Tagsüber rollen sie ihren Hausrat sorgfältig zusammen und stapeln ihn hinter der einsamen Plastik-Topfpflanze. In der Nacht liegen sie eng aneinander gekuschelt wie Murmeltiere. Oder Elends-Flüchtlinge.

Den ganzen Nachmittag sitzen wir auf dem Oberdeck und schauen den Schiffen zu. Je näher wir Gibraltar kommen, umso mehr werden es. Frachter, Tanker, Fähren. Auf den Wellen bilden sich Schaumkrönchen und wir sehen die ersten marokkanischen Berge.

Kurz nach drei plärrt der Lautsprecher und wir müssen unsere Kabine räumen. Also setzen wir uns auf dem Oberdeck in den Schatten und lesen. Der Schatten wird länger und länger und dann taucht aus dem Dunst der Felsen von Gibraltar auf.

Pünktlich um halb sechs legen wir gegenüber in Tanger Med an. Im Schiffsbauch starten alle ihre Motoren und drängeln zum Ausgang. Wie immer ein heilloses Durcheinander. Wir kommen recht gut hinaus und auch die restlichen Zollformalitäten gehen zügig.

Um acht Uhr sind wir in Marokko und fahren noch einige Kilometer. Auf einer Bergkuppe finden wir einen angenehmen Übernachtungsplatz. Rotäugig versinkt die Sonne im Meer. Ein kalter Wind bläst. Wir sind müde und glücklich da zu sein.

1. Oktober 2014

Marokko: langsam viel Meer

Vor unserem Fenster schleicht der Horizont vorbei. Die Morgensonne ringt mit den Wolken – und verliert. Es ist ruhig, nur ab und zu schreit der Deckenlautsprecher mehrsprachig in unsere Kabine. Wir dösen oder tun nichts. Zwei Tage Schifffahrt stehen uns nun bevor.

Lange Korridore kriechen durchs Schiff. Irgendwo flackert eine Deckenlampe und in einer Wandnische langweilt sich ein Feuerlöscher. Manchmal hört man hinter einer Kabinentür ein Gemurmel. Ansonsten herrscht eine wunderbare Langeweile.

Als wir gestern im Hafen aufs Einsteigen warteten, waren wir kaum ein Dutzend Touristen. Alle anderen waren Afrikaner mit ihrem Hausrat auf dem Dach. Erst kurz vor der Abfahrt kamen dann noch fünf Reisebusse voller Senioren angebraust. Diese bevölkern nun das Schiff. Sie tragen beige Gesundheitslatschen und Bauchtaschen.

Bereits am Mittag zwischenlanden wir in Barcelona. Vorbei an gigantischen Kreuzfahrt- und Containerschiffen gleiten wir in den Hafen. Wir sitzen auf dem Oberdeck und schauen zu, wie die Bustouristen von Bord fahren. Jetzt hat es plötzlich überall wieder freie Stühle.

Den Nachmittag verbringen wir mit Dösen und Lesen. Das Schiff schnurrt derweilen wohlig vor sich hin. Am Abend müssen wir noch die marokkanischen Polizei- und Zollformaltäten erledigen. Wieder macht das Frau G. auf geniale Weise. Sie bildet eine eigene Frauen-Warteschlange und stellt sich an deren Spitze – und wird als allererste abgefertigt.

Am Abend essen wir im Restaurant; Frau G. ein Hühner-Etwas und ich den berühmten Tintenfisch-Salat. Na ja ...