6. Mai 2016

Iran: das zweitschönste Haus der Welt

Isfahan. Die Imam-Moschee hiess früher Königs-Moschee und ist die prächtigste Moschee Isfahans. Sie steht am südlichen Ende des Meidan-e Imam. Das grosse Gebäude mit den beiden Türmen direkt am Platz ist aber nicht etwa die Moschee, sondern bloss das Eingangstor.
Hinter dem Torgebäude kommen wir zuerst in den grossen Hof, wo sich jeden Freitag die Gläubigen treffen. Heute sind grad Arbeiter daran, das Stangengerüst für das Schattendach aufzubauen. Wenn es fertig ist, wird man von den grossartigen Fassaden kaum mehr was sehen können.

Die Imam-Moschee ist ein Meisterwerk islamischer Baukunst. Die blaue Kuppel schwebt hoch über dem Innenhof. Sie werde um 1620 erbaut und ist insgesamt etwa fünfzig Meter hoch. Seither wurde sie immer wieder erneuert und repariert. Ich habe sie jedenfalls noch nie ohne Gerüst gesehen.

Die farbig glasierten Ziegelsteine der Kuppelaussenseite werden am Boden in einer Negativform zusammengestellt und dann zu handlichen Bauplatten vergossen. Diese transportiert man dann zur Kuppel hinauf und vermauert sie zu dem einzigartigen Dekor.
Da die glasierten Ziegelsteine den Frost und Regen nicht gut vertragen, ist das ein ewiges Werk.

Gleich nebenan hält ein Ladengeschäft so frittierte Teigtaschen feil. Aus rein wissenschaftlichen Gründen – der Soziologe spricht da von „teilnehmender Beobachtung“ – erwerbe ich eine. Aussen goldgelb und knusprig, innen mit weichen Wurst-Schnipseln und Käse gefüllt. Nicht schlecht, aber kein kulinarischer Meilenstein. Da hilft auch die mitgelieferte Sosse nix.

Die Scheich Lotfollah Moschee steht wie die Imam-Moschee schräg hinter den Arkaden des Meidan. Hinter dem monumentalen Tor kommen wir zuerst in einen engen, finsteren Gang. Der führt um die halbe Moschee herum, so dass wir schlussendlich genau gegenüber der Mihrab, der Gebetsnische, in den grossen Innenraum treten.
Die Lotfollah Moschee ist kleiner und viel schlichter als die Imam-Moschee nebenan. Aber sie ist nicht minder beeindruckend. Die Kuppel ist aussen wie innen karamellfarbig und üppig dekoriert.

Nur die wenigen Fenster unterhalb der Kuppel lassen etwas Licht in den Gebetsraum. Sonst ist er von der Aussenwelt abgeschottet; kein Lärm, keine Aussicht – alles konzentriert sich auf die Andacht. Ausser wenn schnatternde Touristen da sind…

Interessanterweise ähnelt das Raumgefühl dem des Pantheons in Rom. Das ist aber eineinhalb Tausend Jahre älter und etwa doppelt so gross.
Für mich ist es das schönste Gebäude der islamischen Welt. Perfekte Proportionen und Fayencen. Wo man hinschaut entdeckt man immer wieder neue Details und Zusammenhänge.

Ganz in der Nähe der Lotfollah Moschee gibt es diese herrliche Safran-Eiscreme. Die darf man keinesfalls verpassen - würden wir auch nie.

5. Mai 2016

Iran: atemberaubender Ritt mit der Seilbahn

Der markante Berg am südlichen Stadtrand von Isfahan heisst „Soffeh“. Sein Gipfel ist auf etwa 2‘200 Meter über Meer – und dahinauf gibt es seit kurzem eine Seilbahn. Genaugenommen sind es sogar zwei. Und damit möchte ich natürlich unbedingt einmal fahren.
Die Talstation (n32.5916, e51.6564) befindet sich auf etwa 1‘800 Meter Höhe und mitten in einem Vergnügungspark. Als wir ankommen ist grad Mittagspause und ich habe Zeit mir die Seilbahntechnik anzuschauen. Es ist ganz eindeutig eine vonRoll-Seilbahn aus der Schweiz. Doch vonRoll baut seit fast zwanzig Jahren keine Seilbahnen mehr; demnach ist das hier eine Occasionsbahn!

Die erste Bahn wurde 2007 eröffnet. Sie ist eine typische Umlaufbahn mit 6-er Gondeln und etwa 1‘600 Meter lang. Die Gondeln schauen gut aus, aber die Masten und die Antriebstechnik sind übel. Alt und altmodisch. Aber was soll‘s, die Fahrt ist schön.
In der Mittelstation (n32.5913, e51.6386) steigen wir gleich in die zweite Bahn um. Wieder ein Umlaufbahn, die allerdings als Pendelbahn gefahren wird. Je drei Gondeln rauf und runter, immer hin und her! Diese Bahn wurde erst im Mai 2015 in Betrieb genommen.

Die Bergstation (n32.5951, e51.6429) ist auf etwa 2‘150 Meter über Meer. Und noch im Bau. Wir landen auf einer unfertigen Plattform ohne jede Infrastruktur.
Aber der Ausblick von hier oben ist überwältigend. Ein schier unglaubliches Häusermeer breitet sich unterhalb von uns aus. Erst jetzt sehen wir, wie gross Isfahan eigentlich wirklich ist.

Der Ritt mit der „neuen“ Seilbahn auf den Soffeh hat sich auf jeden Fall gelohnt. Wo sonst bekommt man für 3,5 Millionen Rial so einen atemberaubende Ausblicke und eine Fahrt mit einem Seilbahn-Oldtimer?

An einem Fresskiosk wird ein Mais-Gericht angeboten. Es heisse „Khorn“ und es besteht aus Mais, weissem Käse, eingelegten Pilzen und verschiedenen Gewürzen. Und es schmeckt viiiel besser, als es ausschaut.
Und zum Tee gibt es wieder diese Zucker-Stäbchen. Einfach damit im Tee rühren bis es süss genug ist.

4. Mai 2016

Iran: mehr oder weniger Armenier

In Isfahan lebten seit dem 17. Jahrhundert viele verschiedene Völker – mehr oder weniger frei und mehr oder weniger freiwillig. Zu denen gehören auch die Armenier. Sie wohnen bis heute ennet dem Fluss im Quartier Jolfa. Wir fahren rüber und schauen uns um.

Die armenisch-apostolische Bedchem-Kirche (n32.6364, e51.6579) ist von aussen eher unscheinbar, der Innenraum ist dann umso prächtiger. Er ist von oben bis unten mit Bibel-Szenen bemalt und üppig vergoldet. Es riecht nach Weihrauch und alten Socken.

Gar nicht weit entfernt steht die Vank-Kathedrale (n32.6349, e51.6558). Der Kirchenraum ähnelt dem der Bedchem-Kirche. Über und über mit heiligen bemalt. Ich frage einen der Aufpasser nach der heiligen Agatha? Aber ausgerechnet von ihr gibt es hier kein Bild.

Noch beeindruckender als den Innenraum gefällt uns der Hof. Hohe Bäume und Mauern bilden wunderschöne Plätze und Räume. Und hoch über all dem thront die schlichte Backsteinkuppel der Kathedrale.
Neben der Kathedrale gibt es auch noch ein Museum mit Exponaten aus der Geschichte der Armenier in Isfahans. Da ist aber grad eine Gruppe Engländer drin, deshalb sitzen wir in eine Mauernische und warten bis die Karawane weiter zieht. Das interessanteste Ausstellungsstück ist ein halbiertes Haar, wo jemand einen frommen Text drauf geschrieben hat! Man sieht es nur mit einem Mikroskop. Ich bin − öööhm − sprachlos.

3. Mai 2016

Iran: drei Brücken in Isfahan

Da wir heute noch unseren „Tondar“ haben, wollen wie eine Stadtrundfahrt machen und die etwas weiter entfernten Sehenswürdigkeiten anschauen. Jetzt am Vormittag sollte auch der Strassenverkehr noch einigermassen erträglich sein. Um es gleich vorneweg zu sagen; ist er nicht!

Gleich unterhalb unseres Hotels ist die bekannteste Brücke Isfahans, die „Si-o-se Pol“ – die 33-Bogen-Brücke (n32.6445, e51.6675). Sie wurde um 1600 erbaut uns ist knapp 300 Meter lang. Heute fliesst Wasser und damit sieht sie toll aus.

Früher war unter den ersten Brückenbögen ein Lieblings-Café, jetzt leider nicht mehr.
Wir fahren am Zayandeh Rud, dem grossen Fluss Isfahans entlang nach Osten. Am den Ufern entlang sind viele Kilometer weit wunderbare Parks mit Frühlings-Bäumen. Das Blätterdach glitzert in der Morgensonne und auf der Strasse sind deutlich zu viele Autos unterwegs.

Unser zweiter Halt ist bei der „Pol-e Joui“ (n32.6381, e51.6776), einer Steinbrücke aus dem Jahr 1665. Einst durfte sie nur vom Schah und seinen Höflingen benutzt werden.


Die Brücke ist etwa 150 Meter lang und hat 21 Bögen. Und in der Mitte zwei Teehäuser.
Etwas weiter Flussabwärts ist noch eine alte Brücke, die „Pol-e Chādschu“ (n32.6368, e51.6833). Sie ist etwas kürzer und etwas älter, hat dafür aber 23 Bögen.

Die Brücke ist zugleich auch ein Stauwerk, damit der Fluss oberhalb auch in der trockenen Jahreszeit Wasser hat. Letzte Woche war er ja noch fast trocken, dank der Regenfälle in den Bergen führt er jetzt reichlich Wasser. Zwar braunes, aber immerhin so viel, dass der Unrat weggespült wird.

In der Mitte der Brücke befindet sich ein achteckiger Vergnügungspalast mit Aussichtsterrassen. Leider ist er jetzt zugemauert. Aber in den Mauernischen kuscheln sich schon jetzt am Morgen die Liebespaare. Zwischen den Brückenbögen sind Kunststudentinnen mit Kameras unterwegs. Am Ufer sitzen alte Männer auf den Parkbänken und debattieren. Die Brücken sind viel mehr als nur Fluss-Querungen, sie sind Lebensraum.

2. Mai 2016

Iran: der Fluss in der Wüste

Der Fluss, der mitten durch Isfahan fliesst heisst „Zayandeh Rud“. Er kommt aus dem Zagros-Gebirge und versickert am Ende im Gavkhouni-Salzsee, da wo wir gestern waren. Das Städtchen Varzaneh ist die letzte Siedlung am Zayandeh Rud. Es ist uralt und seit vielen Jahrhunderten gibt es hier auch eine Brücke über den Fluss.
Heutzutage gibt es hier gleich drei Brücken, aber die alte ist nach wie vor die Schönste; eine mittelalterliche Steinbrücke mit zehn Brückenbögen. Darunter kräuselt sich tiefblaues Wasser in Hülle und Fülle, und das mitten in der Wüste!

Wir flanieren dem Ufer entlang. Hier kann man Boote und Jet Skis mieten. Es gibt Kinderspielplätze und einen mit Fitnessgeräten extra für Senioren. Wir bevorzugen den Kiosk. Ich bestelle Sandwichs und Limonade. Der Gastwirt überrascht uns dann mit Hamburgern in Micky-Mouse-Papier.
Von hier sind es jetzt noch etwa 120 Kilometer nach Isfahan. Auf der Landstrasse hat es kaum Verkehr, aber als wir uns gegen Abend der 2,5 Millionen Stadt nähern, wird er immer mehr. Und wie immer gelten in solchen Momenten keine Verkehrsregeln mehr. Jeder versucht sich an seinem Vordermann vorbei zu quetschen, andere versuchen abzubiegen oder halten einfach an. Blinken tut keiner – aber hupen auch nicht.

Am südlichen Stadtrand kommen wir am neuen Bahnhof vorbei. Ich fahre gschwind hin, vielleicht kann ich einige Züge anschauen.
Die Bahnhofshalle ist gross und modern. Leider ist zwischen mir und den Zügen eine Sicherheitsschleuse. Da kommt man nur mit Ausweis und Fahrkarte durch. Ich versuche es trotzdem – ohne Erfolg.

Doch ich bin ein schlaues Kerlchen. Wir laufen ums Gebäude herum. Frau G. wartet und ich schleiche mich zu den Züge erreichen. Leider erkennt mich die Kontroll-Beamtin von vorhin. Sie kommt herangaloppiert und hält mich auf. Trotz Sprachbarrieren einigen wir uns darauf, dass ich hier nix zu suchen habe und die Bahnsteige sofort verlassen müsse. Jetzt. Nein, keine Fotos. Sofort.
Noch einmal davon gekommen. Frau G. ist erleichtert, als sie mich wieder kommen sieht!

Wir quälen uns zurück auf die Strasse und feierabendverkehren nach Isfahan. Trotz Verstopfung und Irrsinn erreichen wir recht zügig unser „Tourist Hotel“. Diesmal bekommen wir statt einer Suite ein Doppelzimmer. Das ist grösser, schöner und nur halb so teuer.